Hisbollah: Geschichtsklitterung durch Mainstream-Medien

HonestReporting Media BackSpin, 8. Juni 2009

Hätten die Hisbollah und ihre Verbündeten die gestern abgehaltenen Wahlen gewonnen wären wir heute sicher mit jeder Menge Berichterstattung über die Geschichte der Organisation konfrontiert.

Und wenn Time ein verlässlicher Indikator dafür ist, was das eigene Wissen der Mainstream-Medien über die Hisbollah angeht, dann sind wir vorerst von einer Welle ungenauer und revisionistischer Geschichtsschreibung verschont geblieben. Reporterin Alyssa Fetini beschreibt die Hisbollah so:

Ursprünglich eine unbedeutende Guerillaeinheit im Südlibanon, die aus dem Widerstand gegen die israelischer Invasion in den 1980-er Jahren entstand….

In Wahrheit wurde die Hisbollah von den iranischen Revolutionsgarden gegründet, um als Brückenkopf für die in Teheran regierenden Mullahs zu dienen, bald aber zu einem gewissen Grad von den syrischen Oberherren vereinnahmt. Als Heranwachsender wurde der libanesische Journalist Hussain Abdul-Hussain Zeuge der Hisbollah-Etablierung 1982 in Baalbek:

Das war von Anfang an als Islamische Republik konzipiert. Der Hisbollah-Slogan in jener Zeit beschwor die “ islamische Revolution im Libanon.“ Aber das syrische Regime hielt einen Großteil des Libanon unter seiner Kontrolle, darunter auch Baalbek, und betrachtete die iranische Saat in seinem Hinterhof mit Argwohn. In der Folge stachelte Syrien die ihr ergebene Schiitenmiliz Amal zu Kämpfen gegen die Hisbollah an. Diese zog sich bis zum Ende des libanesischen Bürgerkrieges 1990 hin, als der Iran und Syrien ein Abkommen über die (zukünftige) Rolle der Partei erzielten: Die Hisbollah sollte ihre Waffen behalten dürfen, ihre Rolle jedoch auf den ’Widerstand’ beschränkt werden.“

Die Hisbollah entwickelte danach zu einem gemeinsamen iranisch-syrischen Joint Venture und änderte ihren Slogan um in „Der islamische Widerstand im Libanon“ Sie fasste nun Fuß in den politischen Strukturen des Libanon. Später sollte sie zu einem parlamentarischen Block heranwachsen und in allen nationalen Fragen mitsprechen.

Ihre Geschichte ist umgeschrieben worden. Heute gehen die meisten Akademiker davon aus, dass die Hisbollah 1985 in Beirut als Widerstandsbewegung gegen die israelische Besatzung des Südlibanon gegründet worden war. Tatsächlich jedoch wurde die Hisbollah 1982 in Baalbek als Kern einer angestrebten islamischen Republik gegründet.

Abdul-Hussains Artikel können Sie vollständig hier lesen. [In Englisch]

Die Nachricht von der Niederlage der March 8 Coalition stimmt freudig, aber der Stillstand im Libanon wird wahrscheinlich anhalten. Leider wird auch die Herangehensweise der Mainstream-Medien an die Geschichte der Hisbollah so weitergehen wie bisher.

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7 Kommentare - “Hisbollah: Geschichtsklitterung durch Mainstream-Medien”

  1. Critic Says:

    Wie kommen Sie dazu, auf Grund eines (!) Artikels, in dem ein Mann seine persönlichen und damit auch subjektiven Eindrücke schildert, alle bislang geltenden
    Erkenntnisse zu diesem Thema als „falsch“ und Geschichtsklitterung zu bezeichnen?

    Überhaupt scheinen Sie in Ihrem Blog sich ausschliesslich auf die „Richtigstellung“ von Aussagen zum Nahost-Konflikt zu beschränken, in denen Israel schlecht wegkommt. Nicht umgekehrt. So bekommt man auch bei Ihnen nur das „halbe Bild“. Dies hat einen schlechten Nachgeschmack.


    • @Critic:

      Wir begegnen einseitig falscher Berichterstattung (nicht nur einmal, sondern jeden Tag kübelweise anzutreffen) über Israel in den Mainstreammedien. Das ist unser gutes Recht und vollkommen angemessen.

      (Verdeckte) Angriffe auf Israels Existenzrecht zu starten ist nicht unsere Aufgabe. Das überlassen wir Leuten wie Ihnen!

      • Critic Says:

        Werter Herr Dahlenberg,

        Ihre Reaktion enthält keine Antwort auf meine Frage. Stattdessen flüchten Sie sich in unsachliche und unbewiesene Behauptungen: In welchem meiner Sätze habe ich das Existenzrecht Israels in Frage gestellt. Warum dieses „Leuten, wie Ihnen“. Sie kennen mich doch erst seit drei Sätzen.

        Auf Grund dieses Auftretens bezweifle ich ein ernsthaftes Interesse an einer faktenbasierten Diskussion. Sie scheinen sich doch eher auf Propaganda zu verstehen.

        Unter diesem Hintergrund würde es mich nicht wundern, wenn Sie diesen Kommentar zensieren oder vollständig unterdrücken. Mir gleich – Es ist ihr Gewissen!

        Aufrichtige Grüße
        Critic

  2. Gerry Reinders Says:

    Ich würde mich freuen wenn sie mir neusten Newsletter senden würden. Gerry Reinders


  3. @Critic:

    Warum sollte ich Sie „zensieren“.

    Liegt mir nicht, wie Sie jetzt sehen, weil ich an die Freiheit des Wortes glaube und ebenso schätze wie Sie. Jeder Mensch hat das Recht, so viel Unsinn zu verzapfen, wie er will, so lange er seinen Mitmenschen damit nicht in Gefahr bringt. Von mir aus dürfen Sie auch Mohammed-Karikaturen gutheißen – was ich mir bei Ihnen allerdings schlecht vorstellen kann.

    Ich überlasse die Bewertung Ihrer Aussagen dem geneigten Leser.

    Meine Aufgabe ist es, Medienkritik zu betreiben. Wenn Ihnen das nicht passt, ist das Ihr Problem – nicht meines.

    Im Übrigen ist mir die Konnotation Ihrer Sprachregelung bekannt. Muss ich noch groß erklären, was ich damit meine?

    Werde ich nicht. Dazu fehlt mir ehrlich gesagt die Geduld, weil meine Zeit von Gott (nicht Allah) geschenkt und begrenzt ist.

    Und wenn Sie Fakten wollen lesen sie weiterhin aufmerksam unseren Blog. Wir zitieren sauber.

    Was wollen Sie eigentlich mehr?

    • Critic Says:

      Werter Herr Dahlenburg,

      der Hinweis auf die Zensur erfolgt aus Gewohnheit. Da ich nicht wenige Blogs kenne, die ihnen unpassende Kommentare einfach unterdrücken. Ich wollte Ihnen in diesem Punkt nichts unterstellen.

      Bitte erlauben Sie mir, aus Ihrer Antowrt zu zitieren: „Im Übrigen ist mir die Konnotation Ihrer Sprachregelung bekannt. Muss ich noch groß erklären, was ich damit meine?“

      Ich fürchte, Sie müssen erklären, was Sie damit meinen, da ich nicht weiss, worauf Sie anspielen.
      Wäre ich misstrauisch, würde ich eine Anspielung auf „Antisemitismus“ vermuten. Natürlich wäre so ein Vorwurf, noch dazu in dieser verdeckten Form, einfach lächerlich und mitnichten zu belegen.
      Aus diesem Grund möchte ich Ihnen nichts unterstellen, sondern wende mich lieber fragend an Sie: Auf welche Konnotation sprechen Sie an?

      Aufrichtige Grüße
      Critic


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