Medien können Aufregung nicht kontrollieren, weil der „Nakba-Tag“ neue Gelegenheiten für absurde Analogien bringt

Rachel O’Donoghue, HonestReporting, 16. Mai 2024

Ein weiterer 15. Mai und ein weiterer Nakba-Tag ist gekommen und gegangen.

Natürlich hatten die Medien einen Freudentag. Wie könnten sie auch nicht? Die Schlagzeilen, die eine „zweite Nakba“ verkündeten, während Israel seinen Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen fortsetzt, haben sich praktisch selbst geschrieben.

Geschichtsrevisionismus ist zwar kein neues Phänomen zum Nakba-Tag, aber dieses Jahr erlebte, dass Journalisten einen Vorschlaghammer gegen die Fakten einsetzten, indem sie die gesamte Geschichte des palästinensischen Volks umschrieben.

Spoileralarm: Die Palästinenser  machten nichts falsch und können nichts falsch machen. Egal, ob sie Juden massakrieren oder Raketen auf das nächste israelische Ziel schossen, für westlichen Journalisten sind die Palästinenser ewige Oper.

„Eine brandneue Katastrophe“

Es gibt zahlreiche Anwärter für den schlimmsten Nakba-Artikel, aber zwei stechen besonders heraus: Ein „Erklärer“ von Sky News und ein Artikel von CBS News, die offen in den Bereich Kommentar gehören.

Zuerst Sky News: Der Sender begann seine Live-Seite mit Updates zum Krieg zwischen Israel und der Hamas mit der Veröffentlichung eines Textes mit dem Titel „Erklärt: Was ist der Nakba-Tag?

Sky News: Großbritannien kündigte das Ende seines Mandats in Palästina für den 14. Mai an, ein Datum, das man als israelischen Unabhängigkeitstag kennt.
Jüdische paramilitärische Kräfte marschierten ein und am 15. Mai begannen 10 Monate der Kämpfe, die als arabisch-israelischer Krieg von 1948 bekannt werden sollte.
HonestReporting: Der Versuch von Sky News den Nakba-Tag zu erklären ist ein schockierendes Stück Geschichtsrevisionismus.
Zum Beispiel lehnten die arabischen Staaten einen UNO-Teilungsplan ab und marschierten in den entstehenden jüdischen Staat ein. Dennoch sagt Sky News „jüdische paramilitärische Kräfte marschierten ein“. Und da kommt noch mehr.

Leider ist das Einzige, was der Text erklärt oder aufzeigt das beunruhigend eingeschränkte Geschichtswissen der Journalisten bei Sky.

Der Autor des Textes wusste z.B. nicht, dass der frischgebackene jüdische Staat von umgebenden arabischen Staaten angegriffen wurde, unmittelbar nachdem er seine Unabhängigkeit erklärte. Stattdessen glaubte der Journalist fälschlich, das „jüdische paramilitärische Kräfte einmarschierten“ und die Kämpfe der nächsten zehn Monate begannen.

Der Journalist stand auch unter dem Eindruck, dass einige Historiker Israels Gründung als „ethnische Säuberung“ beschrieben hatten. Aber weil es diese  Historiker nicht gibt, werden sie nicht genannt. Würden sie es, müssten wir die Historiker ausfindig machen und sie fragen, wie die 160.000 palästinensischen Araber, die im neu gegründeten Israel blieben und volle Staatsbürgerschaft erwarben, sich als ethnische Säuberung qualifizieren.

Die Erklärung der Nakba spult schnell auf den Sechstage-Krieg von 1967 vor, über den den Lesern gesagt wird, er sei das Ergebnis eines „eiternden territorialen Konflikts“ und darin „starben rund 20.000 arabische Soldaten, während es bei den Israelis weniger als 1.000 waren und mit dem der jüdische Staat weiteres Land beanspruchte“.

Einmal mehr wird nicht erwähnt, dass es ein Verteidigungskrieg war, bei dem Israel gegen mehrere Armeen, die ihre Absicht verkündet hatten das Land von der Erdoberfläche zu wischen, um sein Überleben kämpfte. Stattdessen scheint es so, als würde eine ungleiche Anzahl Toter auf den beiden Seiten ein Anzeichen dafür sein, wer im Recht und wer im Unrecht ist.

Es gibt auch keine Erklärung dafür, dass bei Kriegsausbruch Jordanien Ostjerusalem besetzt hielt. Die jordanische Besatzung erstreckte sich auf das historische „jüdische Viertel“ der Altstadt und die jüdischen heiligen Stätten.

Jetzt zu CBS News: Diesen Artikel zu kritisieren würde Zeitverschwendung sein, bedenkt man, dass das Hauptproblem mit dem Text die komplette Abwesenheit von Fakten ist. Er besteht aus ein paar hundert Worten, sagt nichts über den Nakba-Tag und scheint einfach eine Rechtfertigung dafür zu sein ein paar Attacken gegen Israel zu reiten.

Aber die Schlagzeile des Artikels ist ein weiteres Paradebeispiel dafür, wie viel zu viele Medien eine unangemessene Analogie zwischen den Ereignissen von 1948 und von heute gezogen haben.

Palästinenser begehen 76. „Nakba“, während der zwischen Israel und der Hamas tobende Krieg sie eine brandneue Katastrophe erleiden lässt.

Sky und CBS waren nicht allein auf dem Nakba-Zug.

Associated Press sorgt sich wegen einer „potenziell noch größeren Katastrophe“ als bei der Gründung Israels. CNN prahlte unter anderem, dass „die Palästinenser von einer Generation zur nächsten beabsichtigen die Geschichte der al-Nakba am Leben zu erhalten“.

Ein genauere Zusammenfassung hätte gelautet: „Von einer Generation zur nächsten verhindern die palästinensische Verweigerungshaltung und Terrorismus, dass sie jemals einen eigenen Staat erreichen.“

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