Israel, die Hamas und das Völkerrecht: ein Leitfaden

Chaim Lax, HonestReporting, 26. Oktober 2023

In Reaktion auf die brutale Hamas-Invasion Israels am 7. Oktober 2023, zu der Massaker an israelischen Zivilisten und die Verschleppung von mehr als 200 Israelis in den Gazastreifen gehörte, hat das israelische Militär tägliche gezielte Angriffe auf den Gazastreifen gegen Hamas-Terroristen und –Infrastruktur durchgeführt.

Seit dem Beginn von Israels Feldzug gegen die Hamas haben israelfeindliche Personen die IDF beschuldigt „Kriegsverbrechen“ zu begehen. Zahlreiche Mainstream-Medienorganisationen haben , zudem Artikel veröffentlicht, mit denen sie infrage stellen, dass allesHandeln Israels gemäß dem Völkerrecht gerechtfertigt ist.

Mit Schlagzeilen wie „Experten sagen, Hamas und Israel brechen Völkerrecht, aber was heißt das?“ (France24, 21. Oktober), „Halten sich Israels Militärtaktiken ans Kriegsrecht?“ (PBS, 23. Oktober) und „Handelt Israel innerhalb des Kriegsrechts?“ (The Economist, 14. Oktober), ist wichtig zu verstehen, wie die Kriegsregeln aussehen und wie und das Handeln des israelischen Militärs sich an sie hält.

Vier Punkte des Völkerrechts, die in jüngsten Analysen am meisten Aufmerksamkeit erregt haben, sind:

  • Unterscheidung (von militärischen und zivilen Zielen)
  • Verhältnismäßigkeit
  • Bemühungen zivile Opfer zu vermeiden
  • Gesetze zur Kriegsführung mit Belagerung
Selbst Kriege haben Regeln. Die wichtigste davon ist, dass Kombattanten immer zwischen zivilen und militärischen Zielen unterscheiden müssen. Im Fall Israel gegen die Hamas hält sich nur eine Seite daran.

Das Prinzip der Unterscheidung: Militärische vs zivile Ziele

Einer der Grundsätze der Kriegsregeln ist das Prinzip der Unterscheidung. Alle Seiten eines Konflikts müssen zwischen Zivilisten und Kombattanten unterscheiden, indem sie militärische Infrastruktur von zivilen Bereichen trennen , Kleidung tragen, die Kombattanten kenntlich machen und sicherstellen, dass Zivilisten nicht absichtlich bei Angriffen ins Visier genommen werden.

Als Teil ihres terroristischen Modus operandi bettet sich die Hamas jedoch in die Zivilbevölkerung des Gazastreifens ein, gräbt Tunnel unter Wohnhäusern, feuert Raketen aus zivilen Bereichen und nutzt zivile Infrastruktur (wie Krankenhäuser, Moscheen und Schulen) als Munitionsdepots und Ausgangsbasen für ihre Terrorisen.

Wie soll Israel gegen die Hamas zurückschlagen, wenn die palästinensischen das Prinzip der Unterscheidung nicht beachtet?

Laut Völkerrecht verliert ein ziviles Objekt, das für militärische Zwecke genutzt wird, seinen Schutzstatus und wird zu einem legitimen militärischen Ziel.

Laut David French, einem Kolumnisten der New York Times und ehemaligem Rechtsoffizier im amerikanischen Militär, wird das von der Hamas genutzte zivile Objekt nicht nur ein legales Ziel, sondern die Hamas ist für jeden Schaden verantwortlich, der dem zivilen Objekt während des Angriffs zugefügt wird, ebenso für jeden Verlust an zivilem Leben.

Macht die Hamas aus Moscheen, Schulen und Krankenhäusern militärische Ziele?
Ja. Philip Ing MBD erklärt auf SkyNews warum.

Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Ist Israels Reaktion unverhältnismäßig?

Mit mehr als 1.400 bei den Hamas-Gräueln getöteten Israelis und nachfolgenden Raketenangriffen sowie mehr als 6.000 Palästinensern, die bei israelischen Gegenschlägen laut des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums angeblich getötet worden sein sollen [Stand heute: angeblich mehr als 30.000], haben manche Kommentatoren und Aktivisten behauptet, Israels Reaktionen seien unverhältnismäßig.

Das beruht jedoch auf einem fundamentalen Missverständnis dessen, was Verhältnismäßigkeit innerhalb des Völkerrechts bedeutet.

Kurz gesagt: Das Prinzip der Proportionalität schreibt vor, dass die Zahl der zivilen Opfer (getötete wie Verletzte) im Verhältnis zum militärischen Vorteil bezüglich des militärischen Vorteils, der direkt aus einem Angriff gezogen würde, nicht übermäßig hoch sein darf.

Für jeden Angriff, den Israel gegen die Hamas unternimmt, berechnet es den möglichen Schaden für Zivilisten gegenüber der Gewichtung des militärischen Vorteils, der aus dem Angriff gewonnen werden kann und bestimmt, ob der Angriff verhältnismäßig ist.

Selbst wenn die Hamas zynisch palästinensische Zivilisten als unbeabsichtigte Schutzschilde benutzt, werden diese Zivilisten in die Bewertung der IDF zur Verhältnismäßigkeit  des Angriffs einbezogen.

Bei Verhältnismäßigkeit geht es im Völkerecht weder um Gleichheit von Tod oder zivilem Leid, noch darum, ob das Gegenfeuers hinsichtlich Komplexität  oder Tödlichkeit zum erhaltenen Feuer gleich ist.

Laut Pnina Sharvit Baruch, der ehemaligen Leiterin der Abteilung für Völkerrecht bei der Militärstaatsanwaltschaft (MAG) der IDF, ist das Konzept des „militärischen Vorteils“ ebenfalls abhängig von den Umständen eines jeden Krieges und des Wesens des Feindes.

Damit dürfte in diesem Krieg wegen der außergewöhnlichen Brutalität des Hamas-Angriffs, durch den sich die palästinensische Terrororganisation als gefährlicher und unempfindlich gegenüber dem Schicksal von Zivilisten erwies, als man bis dahin annahm, dem militärischen Vorteil mehr Gewicht gegeben als bei anderen militärischen Operationen, die Israel gegen die Hamas unternommen hat.

Genauso, hält David French fest, dass Verhältnismäßigkeit vom Militär auch nicht erfordert mit der „gleichem Maß an Gewalt“ zu reagieren, das vom Feind eingesetzt wurde. Damit ist die israelische Reaktion auf Gewehrfeuer der Hamas mit Panzerfeuer oder auf Hamas-Raketenfeuer mit einem gezielten Luftangriff laut Völkerrecht erlaubt und wird nicht als unverhältnismäßige Reaktion gewertet.

Es sollte beachtet werden, dass laut Dr. Aurel Sari, einem Dozenten für internationales Recht an der University of Exeter, die Bewertung, ob ein Angriff verhältnismäßig war, nur auf Grundlage der Informationen getroffen werden kann, die das Militär zur Zeit des Angriffs zur Verfügung hatte und nicht aufgrund von im Nachhinein zur Verfügung stehender Informationen erfolgen kann.

Israels Bemühungen zivile Opfer zu vermeiden

Gleichzeitig dazu, dass Israel an der Erfüllung seines erklärten Ziels der Vernichtung der Hamas arbeitet, versucht es auch die Zahl der Opfer unter unschuldigen Zivilisten der Zivilbevölkerung des Gazastreifens zu begrenzen.

Eine der wichtigen Möglichkeit dazu besteht in der Ermutigung der Einwohner des nördlichen Gazastreifens, wo die überwiegende Mehrheit der israelischen Schläge stattfindet und wo eine anstehende Bodenoffensive wahrscheinlich stattfinden wird, in den südlichen Gazastreifen zu evakuieren. [Anmerkung: Das war im Oktober; inzwischen gibt es ausgewiesene Schutzzonen, in die die Bewohner des nördlichen Gazastreifens abziehen konnten; die des südlichen Gazastreifens haben ebenfalls die Möglichkeit durch gesicherte Korridore aus Kampfzonen zu evakuieren.]

Damit hat Israel die rechtlichen Anforderungen, durchführbare Vorkehrungen Schaden für die Zivilbevölkerung  zu minimieren, erfüllt.

Es gibt eine Menge Desinformationen zu der Evakuierung von Zivilisten im Gazastreifen.
Hier sind 3 Mythen, die wir einreißen.

Während manche Menschenrechtsorganisationen Israels Warnung an die Einwohner des nördlichen Gazastreifens kritisierten und diese als gleichbedeutend mit „Zwangsvertreibung“ betrachten, haben eine Vielzahl an Wissenschaftlern festgestellt, dass Israels Handeln innerhalb der Parameter des Völkerrechts liegen.

Michael Schmitt, ein Gelehrte zu internationalem Recht an der West Point Military Academy, bezeichnete es als „irre machend“, dass Menschenrechtsorganisationen nicht bei der Evakuierung von Zivilsten halfen und hielt fest, dass es laut den Regeln des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz  (IKRK) nicht als „Vertreibung“ betrachtet werden kann, wenn es für die notwendig ist Sicherheit von Zivilisten notwendig ist.

Ähnlich vermerkt Amichai Cohen, ein Professor für internationales Recht am Ono College in Israel, dass Israels Warnung an die Zivilisten zur Evakuierung des Nordens sich auf einer Linie mit den Regeln des IKRK befindet, weil die Evakuierungsanordnung die Zivilisten nicht mit Verlust ihres geschützten Status droht, wenn sie sich entscheiden zu bleiben (sondern, dass es sicherer wäre in den Süden zu gehen).

Weil Israel auch seine eigenen Bürger aus den Bereichen direkt an der Grenzen zum Gazastreifen und dem Libanon evakuiert hat, ist klar, dass Israels Evakuierungswarnung an die Zivilisten des Gazastreifens zu ihrer selbst Willen erfolgt, was Israels Verantwortung zur Ergreifung realisierbarer Schutzmaßnahmen und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht erfolgt.

Die Übersetzung aus dem Arabischen, die jetzt auf Plattformen verbreitet ist, ist ungenau.
Um das klarzustellen: Die IDF hat keine Absicht diejenigen, die noch nicht evakuiert sind, als Terrororganisation zu betrachten.
Die IDF erklärt einmal mehr, dass die Gaza-Zivilisten das aus Sicherheitsgründen tun sollten…

Die Belagerung des Gazastreifens: Seine Parameter innerhalb des Völkerrechts

Bald nach dem Angriff der Hamas vom 7. Oktober erklärte Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant eine totale Belagerung des von der Hamas kontrollierten Gazastreifens, samt Einstellung der Versorgung mit Wasser, Treibstoff, Lebensmitteln und Medikamenten.

Während Israel seitdem den begrenzten Zufluss von Wasser und Hilfskonvois in den Streifen zugelassen hat, ist es wichtig die Parameter für einen Belagerung im Rahmen des Völkerrechts zu analysieren.

David French hält fest, dass die Regeln für eine Belagerung im Krieg bei Jura-Gelehrten umstrittenen ist, was der Grund ist, dass manche gegen Israels Belagerung sind, während andere sie verteidigt haben.

Ein Lese-Muss zur Rechtmäßigkeit von Israels Kampf gegen die Hamas, gehalten im britischen  Oberhaus von Lord Guglielmo Verdirame KC, Professor und Anwalt für öffentliches internationales Recht.

Seit uralten Zeiten hat eine Belagerung als akzeptierte Form der Kriegsführung gegolten. Hingegen stellt sich die Frage, wie die Verantwortung der belagernden Seite (d.h. Israels) gegenüber den Nichtkombattanten aussieht, die in dem belagerten Gebiet (d.h. dem Gazastreifen) zurückgeblieben sind.

Sowohl die Vierte Genfer Konvention als auch das spätere Zusatzprotokoll rufen beide Seiten auf eine Vereinbarung zur Evakuierung von bestimmten Kategorien gefährdeter Zivilisten zu finden sowie sich um eine Vereinbarung zur Bereitstellung von  humanitärer Hilfe für die belagerten Zivilisten zu bemühen.

Aber laut Artikel 23 der Vierten Genfer Konvention sollte die Hilfe nur gewährt werden, wenn beide Seiten zufriedengestellt sind, dass sie nicht in die Hände der Feindkombattanten gelangt.

Ohne diese Garantien und ohne eine Vereinbarung zwischen den Krieg führenden Parteien fordert das Gesetz von der belagernden Seite nicht, dass sie humanitäre Hilfe für das belagerte Gebiet zulässt.

Wie die britische Expertin für internationales Recht Natasha Hausdorff feststellte, ist die Bereitstellung von Hilfe für Gaza durch Israel „während eines Feldzugs nicht möglich, bei dem die Hamas diese Transfers ausnutzt, Lieferungen stiehlt und in die humanitären Organisationen eindringt, um ihre Terroroperationen zu kaschieren…“

Obwohl Israel also eine begrenzte Menge an Hilfe in den Gazastreifen zugelassen hat, ist es vom Völkerrecht (laut einer juristischen Denkschule) nicht verpflichtet das zu tun, solange die Hamas die humanitären Hilfskonvois weiter ausbeutet und sich der für die palästinensischen Zivilisten gedachte Hilfe für ihre eigenen üblen Zwecke bemächtigt.

Hamas-Sympathisanten beschuldigen Israel vor seiner Verantwortung gegenüber dem Volk des Gazastreifens zu kneifen. Aber laut Völkerrechte haben sie Unrecht.
Trotzdem bietet Israel weiter mehr Hilfe für Palästinenser im Gazastreifen als die Hamas das tut.
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