Die israelische Unabhängigkeit – wie reagierte die Presse 1948?

Chaim Lax, HonestReporting, 25. April 2023

Als am 14. Mai 1948 das britische Mandat Palästina zu Ende ging, versammelten sich politische Repräsentanten der jüdischen Gemeinschaft in Tel Aviv, um David Ben-Gurion zuzuhören, wie er die Gründung des Staates Israel und die Wiedereinrichtung jüdischer Unabhängigkeit im Land Israel nach fast 2.000 Jahren verkündete.

Bald nach der Unabhängigkeitserklärung marschierten fünf benachbarte arabische Armeen nach Israel ein und zwangen den entstehenden jüdischen Staat um sein Überleben zu kämpfen.

Wie reagierte die internationale Presse auf die Gründung des Staates Israel und den folgenden arabischen Einmarsch? Auf welche Aspekte der israelischen Unabhängigkeit konzentrierten sich die Nachrichten und welche Aspekte ignorierten sie?

Hier folgt, wie die globalen Medien in den Stunden und Tagen nach Ben-Gurions schicksalhafter Erklärung über die israelische Unabhängigkeit berichteten.

Die New York Times berichtet umfangreich über die israelische Unabhängigkeit

Am 15. Mai 1948 widmete die New York Times einen großen Teil der ersten drei Seiten der Zeitung dieses Tages der Berichterstattung über den entstehenden jüdischen Staat.

Dazu gehörte eine detaillierte Beschreibung der Unabhängigkeitserklärung, Berichte über den arabischen Einmarsch (einschließlich der Bombardierung von Tel Aviv) und der militärischen Zusammenstöße, Berichte über UNO-Debatten und Nachrichten über jüdische Feiern in Israel und den USA. Die Berichte verglichen die amerikanische Anerkennung des neuen jüdischen Staats und der britischen „Distanziertheit“ diesem gegenüber.

Zusätzlich beinhaltete Seite 2 der Zeitung dieses Tages eine vollständige englische Übersetzung der israelischen Unabhängigkeitserklärung.

Der Manchester Guardian konzentriert sich auf die britische Sicht

In seiner Berichterstattung zur israelischen Unabhängigkeit konzentrierte sich der Manchester Guardian (heute als The Guardian bekannt) auf die Unabhängigkeitszeremonie in Tel Aviv, den Abzug der britischen Streitkräfte und die Auswirkung, die der arabische Einmarsch auf die Grenzen entstehenden jüdischen Staat haben würde, wie sie im UNO-Teilungsplan von 1947 dargelegt wurden.

In seinem Leitartikel drückte der Guardian zurückhaltenden Optimismus bezüglich der Fähigkeit des neuen jüdischen Staats aus in den Gebieten unter seiner Zuständigkeit die Ordnung zu schaffen und warnte davor, dass Israel eine offensive militärische Haltung einnehmen könnte, die den Krieg mit seinen arabischen Nachbarn in die Länge ziehen würde.

Der Guardian reservierte seine scharfen Worte jedoch für das britische Mandat und die Kolonialbehörden, weil ihre vage und scheinheilige Politik gegenüber sowohl der lokalen jüdischen wie der arabischen Bevölkerung zum „unehrenhaften Ende“ des Mandats und dem Blutvergießen führte, das derzeit die Region heimsuchte.

UPI konzentriert sich auf Militär und Diplomatie

In ihrem Bericht zum 14. Mai erwähnte die Nachrichtenagentur United Press International (UPI) die Unabhängigkeitserklärung nebenher, während man sich stark auf die militärischen und diplomatischen Fronten konzentrierte.

Der UPI-Bericht drehte sich um die schweren Kämpfe in Jerusalem, israelische und arabische militärische Bewegungen in der gesamten Region und den Abzug der britischen Streitkräfte aus Palästina. Der Bericht erwähnte auch aktuelle amerikanische Versuche die israelische Unabhängigkeit hinauszuzögern.

Beachtenswert ist, dass aufgrund der Unmittelbarkeit des Berichts nicht erwähnt wurde, dass die USA den entstehenden jüdischen Staat anerkannte (was um Mitternacht des 15. Mai geschah), wobei der Bericht damit schloss, dass unbekannt war, welche Richtung die USA nach der israelischen Unabhängigkeit einschlagen würden.

Interessanterweise streute UPI einige religiöse Ansichten in dem Bericht ein, hielt fest: „Der jüdische Traum von fast 2.000 Jahren – ein eigener Staat – wurde war“ und schrieb, jüdische Streitkräfte stünden „von Dan bis Beer Sheva im Kampf mit arabischen Kriegern, den biblischen Grenzen des Heiligen Landes“.

Le Figaro fasst die Ereignisse des Tages prägnant zusammen

Einen Tag nach der Gründung Israels lieferte Le Figaro seinen Lesern eine knappe Zusammenfassung der Ereignisse vom 14. Mai.

Unter der Schlagzeile „Israel ist geboren“ konzentrierte sich die französische Tageszeitung auf drei wichtige Ereignisse des Vortages: Den Abzug der Briten aus dem Heiligen Land, die Gründung des jüdischen Staates (einschließlich Auszügen der Unabhängigkeitserklärung) und der Steigerung des Konflikts zwischen dem neugegründeten jüdischen Staat und seiner arabischen Nachbarn, insbesondere Ägyptens.

Le Figaro erwähnte nebenbei auch diplomatische Diskussionen bei den Vereinten Nationen über einen amerikanischen Vorschlag einen UNO-Vermittler in die Region zu schicken, um in dem sich verschärfenden Konflikt zu vermitteln.

Der Toronto Daily Star schätzt die Situation ein

Am 14. wie am 15. Mai brachte der Toronto Daily Star (heute als Toronto Star bekannt) mehrere unterschiedliche Artikel der Nachrichtenagenturen AP und UPI im Zusammenhang mit Israel auf seiner Titelseite.

Auf Seite 6 der Ausgabe vom 15. Mail lieferte der Daily Star seine eigene Ansicht zu den Nachrichten aus dem Nahen Osten unter der Schlagzeile „Die jüdische Republik Israel“.

Die kanadische Tageszeitung nannte die Gründung Israels „ein großes historisches Ereignis“ und fuhr dann mit einer Beurteilung der militärischen Stärke sowohl Israels als auch seiner arabischen Nachbarn  sowie einer kurzen historischen Zusammenfassung zur Region seit der Einrichtung des britischen Mandats 1923 fort.

Der Toronto Daily Star schloss seine Zusammenfassung mit einem Lob der Tugenden des Friedens und der Kooperation zwischen den jüdischen und arabischen Gemeinschaften.

Seite 6 der Ausgabe vom 15. Mai brachte auch eine fragwürdiges Editorial-Karikatur mit der Bildbeschreibung „Goliath übernimmt das Mandat“, die das Wort „Krieg“ auf seinem Schild aufgeprägt, der aggressiv über dem Wort „Palästina“ steht.

Der Daily Worker begrüßt die jüdische Eigenstaatlichkeit

Es mag nach heutigen politischen Standards überraschend sein, aber die Ausgabe der britischen kommunistischen Tageszeitung Daily Worker vom 15. Mai hielt fest, dass die Gründung Israels „von Freunden des Friedens und Fortschritts in aller Welt gefeiert wird … er wird von all denen begrüßt, die damit sympathisieren, dass das jüdische Volk seine eigene nationale Heimstatt gründet.“

Eine Woche später, in der Ausgabe vom 21. Mai, drückte der Daily Worker seine „wärmsten Grüße an den neuen jüdischen Staat Israel“ aus, „dessen Grundlage ein großer Schritt vorwärts zur Erfüllung der Selbstbestimmung der Völker Palästinas ist“.

Der Daily Worker ließ dem dann eine glühende Attacke auf die USA und Großbritannien folgen, weil diese – seiner Meinung nach – den arabischen Einmarsch in den entstehenden jüdischen Staat ermöglichten, bevor er – unter anderem – forderte, dass die britische Regierung Israel offiziell anerkennt.

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