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Kriegsspiel-Szenario: Israel am Tag danach

10. Januar 2012

HonestReporting Media BackSpin, 10. Januar 2012

Ein israelischer Think Tank mit einem Kriegsspiel-Szenario, das den Tag nach dem erfolgreichen Test einer Atombombe durch den Iran simuliert.

Die Times of London (Paywall; alternativ: The Australian) interpretiert die Ergebnisse, und etliche Nachrichtenservices beziehen sich auf den Times-Beitrag.

Das Planspiel wurde letzte Woche vom Institute for National Security Studies (INSS), einem Think-Tank, in Tel Aviv durchgeführt. Seine Schlussfolgerungen gehen davon aus, dass ein Atombombentest die gesamte Machtbalance im Nahen Osten radikal verändern würde….

„Die Simulation zeigte, dass der Iran nicht auf Nuklearwaffen verzichten will, sondern versuchen wird, sie dazu zu nutzen, um mit den Großmächten eine Übereinkunft zu erzielen, die seine Position verbessert.“

„Verbesserung seine Position“ bedeutet verstärkte iranische Hegemoniebestrebungen.

Die Experten….vermuten, dass sich ein Atomtest im Januar 2013 durch eine Reihe provokativer Forderungen aus Teheran ankündigen wird. Dazu gehören die iranische Forderung nach Neube-stimmung seiner Grenze zum Irak, Anspruch auf Herrschaft über Bahrain und Low-Level-Aktionen gegen die Schiffe der 5. US-Flotte in der Golfregion.

Weitere Ergebnisse:

• Die Saudis entscheiden sich für die Entwicklung eines eigenen Nuklearprogramms bei gleich-zeitiger Meidung amerikanischer Sicherheitsgarantien.
• Die Türkei kneift vor dem Konflikt und droht mit ihrem Austritt aus der NATO, falls Israel dort Mitglied werden solle.

Aber am bemerkenswerten war der Joker: eine militärische Antwort Israels:

Die Experten machten deutlich, dass auch dann, wenn Israel unter Druck gesetzt werden würde, jeglichen militärischen Plan gegen den Iran aufzugeben, es diese Option auf dem Tisch behalten würde.

„Die militärische Option Israels könnte wahrscheinlich ein signifikanter Hebel sein – wenn nicht gegen den Iran, dann in Richtung einige der Hauptakteure“, so The Times. „Die Simulation veranschaulichte, dass nach einem iranischen Nukleartest auch diese Option oder die Androhung auf deren Einsatz von Relevanz wäre“….

Das INSS-Szenario legt nahe, dass die Wahrscheinlichkeit, Israel müsse „mit ihm“ leben, Wirklichkeit werden könnte.

(Bildauswahl via Times of London/source INSS)

Libyen-Berichterstattung: Doppelmoral der Medien

19. Juni 2011

HonestReporting Media BackSpin, 19. Juni 2011

Es ist immer wieder interessant zu untersuchen, wie im Zuge der Volksaufstände und Umbrüche in Nahost die Medien im Vergleich zur Berichterstattung über Israel zu Werke gehen. Besonders aufschlussreich angesichts einer Situation, in der westliche Nationen an einem Militäreinsatz beteiligt sind, ist die Berichterstattung im Vergleich zu ähnlichen Situationen, in denen sich Israel befunden hat.

Ein paar kleine Änderungen unsererseits an diesem Associated Press-Artikel, der eine NATO-Sprecherin zitiert, die über menschliche Schutzschilde in Libyen spricht, illustrieren es treffend:

„Wir verhindern jeden Tag zahllose Opfer an Menschenleben im ganzen Land“, sagte sie. „Wir führen [unsere] Operationen mit höchster Sorgfalt und Präzision durch, um zivile Opfer zu vermeiden. Zivile Opfer, wie vom libyschen Regime Hamas-Regime angeführt, sind reine Propaganda.“

libysche Regierungstruppen Hamas-Terroristen „haben Städte unter Beschuss genommen, Häfen vermint und Moscheen sowie Kinderspielplätze als Schutzschilde missbraucht.“

Die Stellungnahmen der NATO-Sprecherin Lungescu des IDF-Sprechers richten sich gegen Vorwürfe von Libyens Ministerpräsident Al-Baghdadi al-Mahmoudi Hamas-Ministerpräsident Ismail Hanija, der die NATO die IDF am Freitag beschuldigt hatte, eine „neue Phase der Aggression“ eingeleitet zu haben; und er sagte, das Militärbündnis hätte in den letzten Tagen absichtlich zivile Gebäude unter Beschuss genommen, darunter ein Hotel und eine Universität.

„Es ist offensichtlich, dass die NATO die IDF dazu übergegangen ist, bewusst zivile Gebäude ins Visier zu nehmen. […] Dies ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit „, sagte er Reportern in der Hauptstadt.

Kommt Ihnen das bekannt vor?

Ersetzen Sie die Verweise auf NATO und Libyen in der Geschichte durch die Namen IDF und Hamas, und die Geschichte erhält bemerkenswerte Ähnlichkeit mit der israelischen Operation Gegossenes Blei.

Aber hier erschöpfen sich auch schon die Ähnlichkeiten. Während der Operation Gegossenes Blei und dem nachfolgenden Fallout aus dem Goldstone-Bericht machte auch Israel deutlich, dass die Hamas sich hinter der Zivilbevölkerung verschanzt hatte, während weltweit die Medien vage Vorwürfe nachplapperten, die IDF hätte absichtlich auf Zivilisten geschossen und „Kriegsverbrechen“ verübt.

Warum gehen die Medien bereitwillig davon aus, dass ein Feind zynischerweise Waffen in einem Gotteshaus lagert oder Raketen aus dem Areal einer Schule abfeuert und dieser Feind das libysche Regime ist, nicht aber dann, wenn die Hamas von Israel wegen des gleichen Verbrechens beschuldigt wird?

Warum bezweifeln die Medien zu Recht die Behauptungen Oberst Gaddafis, Opferzahlen betreffend, haben aber kein Problem damit, Zahlen zu hinterfragen, die von Hamas-Terroristen veröffentlicht worden waren?

Die NATO bestätigte am Samstag, dass ihre Flugzeuge irrtümlich eine militärische Fahrzeugkolonne nahe des libyschen Ölhafen von Brega angegriffen haben; und am frühen Sonntagmorgen zeigte die Gaddafi Regierung den Reportern einen abgebrannten Wohnblock, von dem es hieß, er sei wegen eines fehlgeleiteten NATO-Luftangriffes auf die Hauptstadt getroffen worden….

Es war das erste Mal nach drei Monaten Luftangriffen, dass die Gaddafi-Regierung glaubwürdige Beweise dafür präsentiert hatte, was zivile Opfer der NATO-Angriffe direkt betrifft. Obwohl die Regierung oft große Zahlen ziviler Todesopfer angegeben hatte, konnte sie niemals zuvor Leichen oder harte Fakten dazu liefern.

Das zerstörte Gebäude lag im Gebier Souq al Juma – weit entfernt von jeglicher klar erkennbaren militärischen Einrichtung, und bekannt für seine Feindseligkeit gegenüber Oberst Muammar el-Gaddafi, und einige Anwohner, die nach wie vor gegen ihn sind, bestätigten die Regierungsberichte zum Luftangriff. Dennoch fanden Journalisten, die das Areal aufsuchten, keine Spuren einer Bombe. Die NATO wollte keine Stellungnahme abgeben und es war unmöglich, eine andere Erklärung auszuschließen.

So liest sich ein Bericht der New York Times. Im Nebel des Krieges bleibt [vorerst] unklar, wie die oben erwähnten Umstände hinter den Vorgängen genau aussahen. Offensichtlich gibt es aber einen Grad an Akzeptanz, dass auch die technisch ausgereiftesten Militärmaschinen Fehler machen und die Feinde dies in absichtlich irreführender Propaganda für sich verwenden.

Sky News schreibt zum Beispiel:

Es konnte nicht sofort sicher überprüft werden, ob die drei Leichen aus dem zerstörten Gebäude im Stadtteil Arada stammen.

Arada ist ein Viertel im Souq al-Juma Bezirk, der für seine Anti-Gaddafi-Haltung bekannt ist.

Vor Ort berichtete ein Mann Reportern, dass in unmittelbare Nähe Flak-Geschütze installiert gewesen seien, was den Verdacht bestärkt, dass der Luftschlag sich auf ein Ziel nahe dem Einschlagsort gerichtet haben könnte.

Zwei Wochen zuvor waren libysche Regierungsvertreter von einem Mitarbeiter am selben Krankenhaus in einer Notiz an Journalisten beschuldigt worden, die Verletzung eines Kindes bei einem Autounfall als Opfer eines NATO-Angriffes deklariert zu haben.

Dennoch klagt niemand (außer dem libyschen Regime) die NATO an, absichtlich auf Zivilisten gefeuert zu haben, und niemand ruft nach einer Goldstone-Untersuchung. In ähnlicher Weise unterliefen der NATO Fehler wie in Afghanistan mit dem Hinweis auf „Kollateralschäden“.

Warum also diese Doppelmoral?

Libyen ist nicht das einzige Beispiel. Werfen Sie einen Blick auf die Vorgehensweise der Medien bezüglich Israel, als Hamas-Führer Scheich Yassin getötet worden war und vergleichen Sie das mit der Tötung Osama bin Ladens durch die USA. (Mit freundlicher Genehmigung von The Israel Project).

Zur Vergrößerung der Abbildung bitte zweimal draufklicken.

Leseempfehlungen, 15. Februar 2011

16. Februar 2011

HonestReporting Media BackSpin, 15. Februar 2011

NATO als Israels Rettung?

Was Israel betrifft, herrscht nun eine allgemeine Übereinstimmung, dass wegen der gegenwärtigen oder andauernden Abwesenheit Ägyptens als regionalem strategischem Partner eine akute Notwendigkeit besteht, die NATO-Kooperation mit Israel auszuweiten. Die NATO und die USA sollten jetzt alle Anstrengungen unternehmen, den Streit zwischen Israel und der Türkei zu beenden.

• Das Wall Street Journal befasst sich mit den moderaten und militanten Strömungen innerhalb der Muslimbruderschaft.*

• Die Green Movement des Iran wieder auf den Straßen. Jennifer Rubin** geht davon aus, dass Uncle Sam einen unverhofften zweiten Schuss für einen Regimewechsel hat.

• Zwei Stücke zum ägyptischen Antisemitismus: Mubarak verdammen oder Geschichte sprechen lassen?

• Aus Redaktions-Annalen ein Klassiker. Al-Ahram entschuldigt sich für seine pro-Mubarak-Berichterstattung:

„[Nun] Heute….bezeugen wir ganz klar wir die überfällige Entschuldigung an das edle ägyptischen Volk für jede Befangenheit, die wir zugunsten des korrupten Regimes [zeigten], und wir geloben, dass wir von nun uns an immer an den legitimen Interessen des Volkes orientieren werden und Al-Ahram das Gewissen der Nation bleiben wird.

„Wir sind stolz auf das reine [geheiligte; (bd)] Blut, das durch die Mächte der Reaktion und Unterdrückung [vergossen wurde], und wir bitten die Familien der Märtyrer um Vergebung. Keines unserer Opfer kann auch nur einen einzigen Tropfen [des Märtyrer-] Bluts ersetzen. Die einzigen Worte des Trostes (die wir den Familien spenden können), sind, dass [die Märtyrer] ihr Leben opferten, dass diese Nation stolz bleiben konnte und in Würde leben kann.“

USA organisiert Auslandshilfe für Stabilisierung Ägyptens.

• Jordanische Stammesführer sagen, dass Königin Rania korrupt ist. Die ehemaligen First Ladies von Tunesien und Ägypten machen den Anfang.

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*Auch das Wall Street Journal kann sich irren…[bd]…

**Bei aller Sympathie für Jennifer Rubins Take: Obama ist außenpolitisch eine glatte 000 vor und hinter dem Komma [bd].