Simon Plosker, Honest Reporting, 26. März 2015 (Übersetzung: Cora)
In einem seltenen Anflug von Kritik an den Palästinensern veröffentlichte Amnesty International einen Bericht, in dem die Hamas beschuldigt wird während des Gaza-Konflikts 2014 Kriegsverbrechen begangen zu haben.
Wie der Independent die Reportage verpackt erweckt dagegen den Eindruck eines Mediums, das sich nicht damit klarkommen kann den Konflikt einfach wiederzugeben, wenn die Palästinenser nicht als einzige unschuldige Opfer der israelischen Bösartigkeiten dargestellt werden können.
Die Hauptgeschichte des Blattes über den Amnesty–Bericht von Ben Lynfield wird mit einem Artikel von Kim Sengupta aus Gaza verbunden, der wirklich alles tut um Zweifel an der Schlussfolgerung Amnestys zu säen, der Tod von 13 Palästinensern im Flüchtlingslager al-Shati sei auf eine fehlgeleitete Hamasrakete zurückzuführen.
Die meisten der Getöteten waren sehr jung, die letzten Opfer einer Reihe von Explosionen, von denen einige ganze Familien ausgelöscht haben. Die Hamas beschuldigt die Israelis den Angriff auf Shati durchgeführt zu haben, die Israelis behaupten, Raketen der Hamas seien dafür verantwortlich. Wir Reporter versuchen Tag für Tag die unbarmherzige Gewalt dieses Konflikts aufzuzeichnen und haben daher kaum Zeit, die Beweise zu prüfen.
Gibt der Journalist Sengupta etwa zu, dass die Medien sich einfach auf palästinensische „Augenzeugen“ verlassen und Behauptungen der Hamas nutzen ohne sich damit abzugeben sie ordentlich zu überprüfen?
Der übrige Artikel gibt den Palästinensern die absolute Freiheit die Israelis für den Angriff zu beschuldigen auch, wenn die Interviewten keinerlei Kompetenz aufweisen derartige Urteile zu fällen – abgesehen von ihren antiisraelischen Vorurteilen.
Gar nicht zu sprechen von der fehlenden Freiheit der Gazaner, die Hamas ohne mögliche Konsequenzen zu kritisieren, etwas, das in diesem Artikel nicht berücksichtigt wird und damit eine Verletzung des Mindestmaßes an Journalismus ist.
Ich habe davon gehört, dass es vielleicht die Hamas gewesen ist, aber ich glaube nicht, dass sie so große Raketen haben. Ich denke, es waren die Israelis.
Die Trümmer der Überreste wurden am selben Tag erstaunlich schnell entfernt und einige Fotografen beschwerten sich, dass sie daran gehindert wurden Bilder zu machen. „Das beweist gar nichts.“ erklärt Yasser Abu-Shaqfa, 46, der Cousin von Mohammed. „Die Israelis bombardieren jeden Tag, jedes Alter wird ermordet. Warum soll es an diesem Platz anders sein? Wir möchten Beweise sehen, bevor wir entscheiden, ob die Hamas involviert war.“
Die Berichterstattung des Independent beinhaltet auch einen redaktionellen Beitrag, der feststellt:
Es ist unangebracht von einer Gleichheit zwischen israelischen und palästinensischen Aggressionen in Gaza zu sprechen.
Beinahe 1500 palästinensische Zivilisten starben nach Angaben der UN beim israelischen Angriff im letzten Jahr und von den meisten Städten blieben nur Trümmer, wie der Independent in der letzten Woche berichtet hat. Die Zerstörung, die über diese palästinensische Enklave kam, übertrifft die der Raketen, welche von den Palästinensern über die Grenze geschossen wurden, bei weitem.“
Natürlich gibt es keine moralische Gleichheit zwischen Israel und der Hamas. Der Independent versucht allerdings anzudeuten, dass Israel derzeit schlimmer als die Hamas ist, weil sie in Gaza eine größere Zerstörung angerichtet hat.
Während der Independent dann doch feststellt dass es „Schuld auf beiden Seiten gibt“, kann er sich nicht dazu durchringen über die Kriegsverbrechen der Hamas zu berichten, selbst wenn das eigentlich das zentrale Thema der Ursprungsgeschichte der Zeitung gewesen ist. Stattdessen zieht er es vor eine weichere Aussage aus dem Amnesty-Bericht zu zitieren:
Es sollte nicht vergessen werden, dass die Schuld auf beiden Seiten liegt. Die rücksichtslose Nutzung ferngesteuerter Raketen durch die Hamas „zeigt eine flagrante Missachtung der internationalen Menschenrechte“, schließt ein Bericht von Amnesty International.
Insgesamt zeigt die Berichterstattung des Independent über den Bericht von Amnesty International eine verstörenden Gesinnung, die nur versucht Zweifel am Wahrheitsgehalt von ernsten Anschuldigungen gegen die Hamas zu säen. Dieses Benehmen gehört aber eher zu einer Interessenvertretung denn zu einem Presseorgan.
Würde der Independent den gleichen Skeptizismus zeigen, wenn es um einen Bericht einer Nichtregierungs-Organisation geht, der Israel der „Kriegsverbrechen“ anklagt? Nach der Berichterstattung über den letzten Amnesty Bericht, der feststellt, dass „Kriegsverbrechen“ von den Israelis begangen worden sein könnten, kennen wir die Antwort.
Sie können Ihre durchdachten Kommentare an den Independent schicken – letters@independent.co.uk – aber vergessen Sie bitte nicht, Ihre Postadresse und Ihre Telefonnummer anzugeben. Nur so gibt es eine Chance auf Veröffentlichung auf der Leserbriefseite.
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