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Domino-Theorie: Widerlegt durch arabische Umfrage?

2. August 2010

HonestReporting Media BackSpin, 2. August 2010

Eine Erhebung von Al-Arabiya ergab, dass überwältigende 71 Prozent der Befragten nicht im Geringsten am israelisch-palästinensischen Konflikt interessiert sind.

Ich bin kein großer Verfechter von Online-Abstimmungen, doch Efraim Karsh reagiert darauf mit einem wichtigen Argument.

Wenn dieses Resultat weitestgehend die arabische Ansichten repräsentieren sollte, zerstört es exakt jene Nahost-Dominotheorie, die von der Behauptung ausgeht, dass im Falle eines Friedensschlusses zwischen Israel und den Palästinensern die Probleme der ganzen Region dort gelöst würden und die Araber auf der Seite der USA stünden, der Iran isoliert wäre und Al-Qaida keinen Grund mehr hätte, weiterzukämpfen etc.

Karsh schreibt in die NY Times:

….es ist ein positives Zeichen, dass so viele Araber anscheinend teilnahmslos dem israelisch-palästinensischen Konflikt gegenüber geworden sind. Denn wenn der egoistische Interventionismus der arabischen Regimes den Palästinensern das Recht verweigert hat, ihr Schicksal selbst zu bestimmen, dann besteht in der Tat die einzige Hoffnung auf Frieden zwischen Arabern und Israelis in der Ablehnung der zweifelhaften Verbindung zwischen diesem besonderen Fall und anderen regionalen und globalen Problemen.

Die Gleichgültigkeit der Araber würde auch jegliche Vorstellungen begraben, dass die so genannte „israelische Unnachgiebigkeit“ im Friedensprozess direkt die amerikanischen Sicherheitsinteressen im Nahen Osten untergrabe – eine im März  viel diskutierte Frage wegen Kommentaren, die General David Petraeus zugeschrieben werden.

Dazu passend: The Palestine Peace Distraction

Dominotheorie abschmettern

26. April 2010

HonestReporting Media BackSpin, 26. April 2010

Im Wall Street Journal schmettert Richard Haass eine Dominotheorie ab. Wenn Sie wirklich glauben, dass ein Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern mit anderen regionalen Problemen im Irak, in Afghanistan, mit Al-Qaida oder einer arabischen Demokratisierung in einen Zusammenhang zu bringen ist, denken Sie bitte noch einmal darüber nach.

Haass zufolge erschwert* ein Nahostfrieden in Wirklichkeit die Bemühungen, das iranische Atomprogramm auszubremsen:

Die größte Gefahr besteht im Streben des Iran nach Kernwaffen. Was aber dieses Trachten antreibt ist weniger der Wunsch, Israels Kernwaffen gegenzurechnen als die Angst vor einem konventionellen Angriff der USA. Das iranische „Angebot“ (von mir in An- und Abführungszeichen gesetzt (bd]) in Sachen Nukleartechnologie ist auch eng verbunden mit einem Streben nach regionaler Vorherrschaft. Frieden zwischen Israel und den Palästinensern würde die iranischen Ambitionen auf ein Kernwaffenprogramm nicht schwächen. Es könnte sie sogar verstärken.

Der Iran und die Gruppierungen, die von ihm unterstützt werden (vornehmlich Hamas und Hisbollah) würden durch die Umarmung eines palästinensischen Staates und die Anerkennung Israels möglicherweise Teheran dazu veranlassen, nach Kernwaffen zu trachten, um seinen Verlust an Bedeutung und Einfluss zu kompensieren.

Vollständiger Artikel hier [In Englisch]

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*Bitte keine falschen Schlussfolgerungen ziehen: Es geht hier lediglich um ein eventuelles  strategisches Szenario, nicht um eine möglicherweise von außen hineininterpretierte „Wunschvorstellung“ des WSJ-Autors [bd].

Mit Dominotheorie endlich aufräumen

8. Juli 2009

HonestReporting Media BackSpin, 8. Juli 2009

Die NY Times druckte einen aufschlussreichen Auszug aus Dennis Ross’ und David Makovskys neuem Buch ab, das mit der Theorie aufräumt, eine erfolgreiche Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts liefere den Schlüssel für die Lösung anderer regionaler Konflikte:

Da die Ursachen so vieler regionaler Spannungen und Rivalitäten nicht in Zusammenhang mit dem arabisch-israelischen Konflikt stehen, ist es schwer vorstellbar, wie seine Beilegung andere regionale Pattsituationen oder Quellen der Instabilität auflösen sollte. Der Iran z.B. verfolgt seine atomaren Ambitionen nicht, weil es einen arabisch-israelischen Konflikt gibt. Sektiererische Gruppen im Irak würden nicht plötzlich ihre internen Kämpfe beenden, wenn die palästinensische Frage geklärt wäre. Wie viele Konflikte in der Region haben auch diese ihre eigene Dynamik entwickelt.

Hinzuzufügen wäre, dass so tragisch der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern auch geworden ist, er ist nicht in der Weise ausgeufert, dass er den Nahen Osten destabilisiert hätte. Es gab zwei palästinensische Intifadas, Aufstände und Unruhen, darunter jene von 2000 bis 2005, die 4.000 Palästinenser und 1.000 Israelis das Leben kostete – aber kein einziger arabischer Führer war gestürzt worden und kein einziges Regime deshalb destabilisiert. Es ist ein lokaler Konflikt geblieben, konzentriert auf eine kleine geographische Fläche. Doch die Konstruktion eines Zusammenhanges existiert bis heute, und das mit machtvollen Akteuren im Hintergrund. Warum ist das so? Und warum wird sie unter den politisch Verantwortlichen akzeptiert, als beruhe sie auf Tatsachen?

Yoram Ettinger unterstrich vor kurzem, dass nicht abzusehen sei, wie weit diese falsche Konstruktion ausgereizt werden kann:

Die von der US-Administration ausgeklügelte Konstruktion erfindet den Nahen Osten neu und transformiert einen 100 Jahre alten Konflikt (Araber vs. Israel) zu einer angeblichen Grundursache, zementiert auf 1.400 Jahren Nahostturbulenzen. Gibt es einen logischen Zusammenhang zwischen einer möglichen Übernahme Bahrains durch den Iran und einem „abtrünnigen Saudi-Arabien“ einerseits und der Zukunft der jüdischen Gemeinden in Judäa und Samaria andererseits?! Warum kein Zusammenhang zwischen dem Ende iranischer Unterwanderung im Irak und dem Ende IDF-geführter Terrorbekämpfung in Judäa und Samaria?!

Oder wie wär’s mit einem überzogenen Vergleich zwischen Verhinderung der Übernahme der Atombombe in Pakistan durch Al-Quida und einem vollständigen israelischen Rückzug in Judäa und Samaria?! Und wie wär’s mit der Mega-Konstruktion eines Zusammenhanges  zwischen dem Ende der tiefen Feindschaft zwischen Sunniten und Schiiten, dem Bürgerkrieg im Sudan und den innerlibanesischen Rissen einerseits und der Aufteilung Jerusalems andererseits?!

Dazu passend: Mideast Dominoes: A Falling Theory