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Sunday Times ringt um Schadensbegrenzung wegen beleidigender Karikatur

29. Januar 2013

HonestReporting Media BackSpin, 29. Januar 2013

Die Sunday Times steht wegen der Karikatur von Gerald Scarfe zu den israelischen Wahlen schwer unter Beschuss. Wie HonestReporting gestern anführte, ist die Bildsprache abscheulich genug; und die Veröffentlichung am Holocaust-Gedenktag war umso widerlicher.

Die Schadensbegrenzung des Blattes hatte keinen guten Start. Ein Sprecher der Sunday Times bemerkte gegenüber Algemeiner:

„Hier handelt es sich um eine typisch robuste Karikatur von Gerald Scarfe, “ sagte ein Sprecher der Sunday Times, und er fügte hinzu, „Die Sunday Times ist fest davon überzeugt, dass dies nicht antisemitisch ist. Das ist direkt an Herrn Netanyahu und seine Politik gerichtet, nicht gegen Israel, geschweige denn gegen das jüdische Volk.“

Der Sprecher sagte, dass die Veröffentlichung der beanstandeten Karikatur am Holocaust-Gedenktag, der Sonntag gefeiert wurde, zufällig war. „Das sieht heute nur so aus, weil Herr Netanjahu in der vergangenen Woche die israelischen Wahlen gewonnen hat“, so die Erklärung…

„Die Sunday Times verurteilt Antisemitismus“, fügte das Blatt hinzu, und verwies dabei auf einen anderen veröffentlichten Artikel der Zeitung zum Schwerpunkt Holocaust-Leugnung, der besagt, dass in dem ’heute veröffentlichten exzellenten Artikel des Magazins die von David Irving organisierten Reisen herausstellt, die die Existenz von Konzentrationslagern leugneten.“

In diesem Artikel schloss sich Will Storr dem Holocaust-Leugner Irving an, wenn der einen Rundgang durch das Konzentrationslager Majdanek gab. Das war wohlüberlegt geschrieben – ein hervorragender Winkelzug für einen Beitrag zum Holocaust-Gedenktag.

Aus verschiedenen Gründen kann das aber keinen Zorn besänftigen.

1) Niemand bezeichnete die Sunday Times als antisemitische Zeitung. Die Leute kritisierten [allein] die Karikatur.

2) Das Statement berücksichtigte nicht das schmerzhafte Timing – auch wenn es unbeabsichtigt gewesen sein mochte.

3) Selbst wenn der Majdanek-Artikel die verletzende Karikatur Scarfes abgemildert haben sollte, konnte das plakative Bild von Palästinensern, die in eine blutbefleckte Mauer einzementiert werden, über soziale Medien weit mehr Ausstrahlung erzielen als jeder minder beachtete Artikel in irgendeiner kostenpflichtigen Magazin-Rubrik.

Später erzählte Scarfe der Jewish Chronicle, dass er den Zeitpunkt der Veröffentlichung bedauere, weil er sich nicht dessen bewusst gewesen sei, dass am Sonntag auch Holocaust-Gedenktag war.

Die Sunday Times erkannte, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte und etwas unternehmen musste. Sie veröffentlichte ein Statement. Martin Ivens, geschäftsführender Herausgeber der Sunday Times, verschickte an die Medien eine E-Mail mit folgendem Inhalt:

„Das Letzte, was ich oder sonst jemand mit der Haltung der Sunday Times verbinden würden, wäre eine Verletzung der Erinnerung an die Shoah oder eine Ritualmordlegende. Das Blatt setzt sich seit langer Zeit für die Verteidigung Israels  und seine Sicherheitsbelange ein, so wie ich es als Kolumnist praktiziert habe. Wir werden indes daran erinnert für die Empfindlichkeiten in dieser Hinsicht durch die Reaktion auf die Karikatur und ich werde ihnen in Zukunft selbstverständlich Rechnung tragen.“

Das ist eine sehr vage Selbsterkenntnis, was die Widerwärtigkeit der Karikatur betrifft.

Der Guardian berichtet unterdessen, dass das Board of  Deputies of British Jews bei der Press Complaints Commission Großbritanniens eine Beschwerde eingereicht hat. Und auch Daniel Taub, Israels Botschafter dort, hat die Times scharf kritisiert.

HonestReporting hat beschlossen, Bilder mit Bildern zu kämpfen. Teilen Sie den Flickr-Link, damit die Times weiß, dass sie eine rote Linie überschritten hat. Und lesen Sie die Geschichte zur oben abgebildeten Grafik.

Ist das Kapitel dazu abgeschlossen? Bleiben Sie dran…

Irans Press TV dicht machen

2. Dezember 2011

HonestReporting Media BackSpin, 2. Dezember 2011

Redefreiheit hat selbstverständlich eine elementare Qualität, aber nicht, wenn sie von einem Medienunternehmen missbraucht wird, um staatlich geförderte Propaganda zu betreiben. Und wenn das Unternehmen in London ansässig ist, gibt es keinen Anlass seitens der britischen Regierung, dem iranischen Propagandawerkzeug Press TV weiterhin Gastfreundschaft zu gewähren.

Nach der Erstürmung der britischen Botschaft in Teheran fordert Houriya Ahmed in der Times of London  dazu auf, Press TV abzuschalten (Registrierung erforderlich [bd]).

Hier ist – wenn auch inoffiziell – ein Arm der Islamischen Republik am Werk, dessen Bestrafung die britische Ablehnung dokumentieren könnte: Der Betrieb von Press TV in London sollte eingestellt werden.

Im Jahr 2007 als „Alternative“ zu westlichen Medien gestartet, ist Press TV ein englischsprachiger Satelliten-TV-Kanal mit Sendelizenz in Lizenz in London. Er wird vom iranischen Regime finanziert und fungiert als dessen Sprachrohr. Muslimische und nichtmuslimische Moderatorinnen sind angehalten, vor der Kamera bei Übertragungen aus London das islamische Kopftuch zu tragen.

Die Realität wird verzerrt wiedergegeben und Berichte zugunsten der Agenda des iranischen Regimes manipuliert. Die Korrespondentin Jody Sabral quittierte kürzlich aus Protest über die Art und Weise, wie Press TV über die Aufstände in der arabischen Welt berichtete, ihren Dienst. Sie geißelte den Kanal wegen dessen größtenteils ignoranter Berichterstattung zum Protest in Syrien, einem Verbündeten des Iran, während gleichzeitig eine „vordringliche“ Berichterstattung über schiitische Proteste in Bahrain erfolgte – wohl kaum ein Zufall, zumal der Iran ein Interesse daran hat, die Unruhen dort zu schüren, um [dort] seine Machtbasis zu verbreitern.

Die Grüne Revolution und die Ermordung Neda Agha Soltans durch regimetreue Schlägertrupps sind von Press TV als westliche Verschwörungstheorien inszeniert worden. Der Kanal strahlte sogar ein erzwungenes Geständnis des Newsweek-Journalisten Maziar Bahari aus, der wegen Spionage-Beschuldigungen inhaftiert worden war.

Ofcom erwägt die Entziehung der Lizenz für Press TV, nachdem sie in ihrer Untersuchung festgestellt hat, dass der Kanal die Ausstrahlung des Interviews hätte ablehnen müssen, weil sich deutlich herausgestellt hatte, dass es unter Zwang erfolgt war. In Reaktion auf die Ofcom-Ergebnisse hat Press TV behauptet, es sei ein Opfer der „Zensur“ durch „gewisse Mitglieder der königlichen Familie und der Regierung“.

Es handelt sich hier um dasselbe Press TV, dass Nicholas Kollerstroms widerliches Machwerk The Walls of Auschwitz: A Review of the Chemical Studies veröffentlicht hatte und häufig Lady Michelle Renouf zitiert, eine Neonazin und Unterstützerin des Holocaust-Leugners David Irving.

Es wird also höchste Zeit, dass Press TV aus dem Verkehr gezogen wird.

UPDATE

Statt den Lizenzentzug für Ausstrahlungen von Press TV voranzutreiben, hat Ofcom leider nur eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 £ wegen mehrerer Verstöße gegen seine Richtlinien in Bezug auf den Fall Maziar Bahari verhängt. Dazu die Jewish Chronicle:

In seiner Entscheidung erklärte Ofcom die saftige Geldstrafe wegen „der Schwere der Übertretungen“.

„Der Ausschuss vertrat die Ansicht, dass in diesem Fall schwere und vorsätzliche Verstöße gegen den Kodex vorlagen – wegen der gefährlichen Begleitumstände für den Kläger Bahari, das Fehlen von Maßnahmen zu [s]einer Einverständniserklärung und des Einflusses, den der Sender auf ihn ausübte“, so in der Begründung.

Das Ofcom-Urteil beinhaltete auch, dass die Strafe Press TV dazu animieren solle, „das vorgefundene Material bei zukünftigen Anlässen nicht wieder missbräuchlich neu einzubringen.“

Ofcom gab auch bekannt, dass Press TV zu den Untersuchungen von Ofcom eine Stellungnahme auf seinem Kanal bringen müsse.

Leseempfehlungen

6. September 2009

HonestReporting Media BackSpin, 6. September 2009

„The WW2 Expert“ David Irving Interview in El Mundo

Are Inaccurate Media Reports Hurting US-Israel Relationship?

Hamas Fights Over Gaza’s Islamist Identity

Palestinians Delve into Political Satire

Nordic Doctor Revives Gaza Casualty Debate

NetBase Thinks You Can Get Rid Of Jews With Alcohol And Salt

Exterminate the Parasites: A Radical Plan to Save Old Media

Drei Gründe, warum EL Mundos „Pressefreiheit“-Argument nicht zieht

3. September 2009

HonestReporting Media BackSpin, 3. September 2009

Die Samstagsausgabe von EL Mundo wird ein Interview mit David Irving bringen und kündigt den Holocaustleugner als „Experten“ zum Thema Zweiter Weltkrieg an.

Und wie Jerusalem Post berichtet, gebraucht das spanische Blatt die gleiche Entschuldigung wie die Aftonbladet-Redakteure: Pressefreiheit:

Pressefreiheit kann aber nicht reinwaschen.

1. Wie konnten EL Mundo-Redakteure die Tatsache ignorieren, dass Irvings Reputation als „Experte“ von einem britischen Richter, der ihn am Ende des Verleumdungsprozesses gegen Deborah Lipstadt gegen als „antisemitischen und rassistischen“ Holocaustleugner und „pro-nazistischen Scharfmacher“ bezeichnet hatte,  in alle Einzelteile zerlegt wurde?

2. Die Präsentation „unterschiedlicher Erzählungen“ ohne Realitätsbezug speist sich aus dem historischen Revisionismus stalinistischer Prägung und nicht, wie man vielleicht glauben möchte, aus „historischen Entwürfen“.

3. Die Behauptung, dass die Leser „selbst entscheiden können“, ist für eine Zeitung untauglich, deren Job es ist, „nur über Fakten“ zu berichten. Wie sollen Leser zu „begründeten Urteilen“ kommen, wenn sie falsch informiert werden?

Einst freute ich mich darauf, dass Irving in Vergessenheit geraten könnte – Deborah Lipstadt äußerte diese Hoffnung in einem heute ironisch anmutenden BBC-Interview. Aber diese Hoffnung basierte auf der Annahme, dass die Leute Irvings so genannte „Forschung“ mit der Verachtung strafen, die sie verdient. Ich rechnete aber nicht mit der Unzurechnungsfähigkeit von EL Mundo.

Wikipedia voreingenommen gegenüber Israel?

4. Mai 2009

HonestReporting Media BackSpin, 4. Mai 2009

Haaretz berichtet, dass israelische Internet-Rechercheure auf einer Wikipedia-Tagung erklärten, die „Open Source“-Enzyklopädie hätte Israel gegenüber Vorurteile.

Unter den Punkten, die Eli HaCohen auf einer Wikipedia-Konferenz in Tel Aviv ansprach:

• Die Hamas wird auf der englischsprachigen Seite im ersten Absatz nicht als Terrororganisation bezeichnet.

• „HaCohen dokumentierte auch seine Versuche, den iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad als Holocaustleugner einzutragen, und immer, wenn er seine Redigierung bei Wikipedia vorgenommen hatte, wurde sie von Usern und Redakteuren wieder gelöscht – trotz der wiederholten Holocaustleugnungen Ahmadinejads.“

• „Wikipedia bezeichnet David Irving – einen bekannten Holocaustleugner – als Historiker, obwohl seine Empfehlungsschreiben von niemandem außer ihm selbst stammen.“

• „Der Wikipedia-Eintrag zur Operation Gegossenes Blei im Januar spricht von einem „massiven Bombardement“ Israels gegen die Zivilbevölkerung.“

• „In der arabischsprachigen Wikipedia-Version wird Lod nicht als Stadt innerhalb Israels Grenzen aufgeführt.“

Wikipedias dünne Antwort:

Auf der Konferenz, die Wikipedias Rolle in akademischen Kreisen diskutierte, war auch Sue Gardner anwesend,  die Geschäftsführerin der Wikimedia Foundation, unter deren Ägide Wikipedia geführt wird. Gardner erklärte Haaretz gegenüber, dass sie mit den Fehlern auf der Webseite „sehr gut leben“ kann. „Ich weiß, dass die gleichen Fehler mehr oder weniger auch bei der New York Times auftauchen können“, so Gardner.

Wenn sie schon die NY Times erwähnt: Wenigstens hat das Blatt ein ausgeprägteres Verantwortungsgefühl. Man weiß, wer den Artikel geschrieben und freigegeben hat und man muss nicht befürchten, dass täglich neu am Text herummanipuliert wird. Ergebnisse mit Wikipedia-Bezug erscheinen bei Google-Suchoperationen zu beinahe jedem Begriff ganz oben ins Ranking (weil Google nach dem Häufigkeitsprinzip vorgeht [bd]). Die Nutzer vertrauen der Seite. Nervig, wie Sue Gardner die Verantwortung von Wikipedia einfach negiert.

Letztes Jahr deckte HonestReporting antiisraelische Subversionsversuche bei Wikipedia auf, besonders zu den Themen Jerusalem, Camp David Abkommen, Israels Unabhängigkeitskrieg und den Hebräern, ganz zu schweigen von der Unterstützung palästinensischer Interessen, die sich als Wikipedia-Projekt tarnte.

Es gibt ein bestimmtes (Bewertungs-) Verfahren, das man Weisheit der Vielen nennt; aber zu einigen Themen wie Israel fragt man sich schon, ob ein Eintrag nicht andere Dynamiken reflektiert, die mit im Spiel sind. Begriffe wie Gruppendenken, Massenpsychologie und Mitläufer-/Nachahmereffekt könnte man da aufzählen.

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