Rachel O’Donoghue, HonestReporting, 1. Februar 2022
„Seien wir ehrlich – beim Holocaust geht es nicht um Rasse. Es geht um die Unmenschlichkeit von Menschen gegen Menschen – darum geht es.“
Diese oberflächliche und irreführende Anmerkung von Kommödien-Schauspielerin und Hollywood-Schwergewicht Whoopi Goldberg gegenüber ihren Mitmoderatorinnen in der erfolgreichen ABC-Talkshow The View verursachte zurecht eine Gegenreaktion.
Das US Holocaust Museum z.B. wies darauf hin, dass Rassismus tatsächlich ein zentrales Dogma der Nazi-Ideologie war: „Juden wurden nicht über die Religion definiert, sondern über die Rasse. Die rassistischen Nazi-Überzeugungen schürten Völkermord und Massenmord.“
Unter Verweis auf eine Neonazi-Kundgebung in Florida am Samstag, während der eine Horde Springerstiefel tragender Strolche antisemitische Parolen skandierte, darunter „Der Jude ist der Teufel“ und „Juden vergewaltigen Kinder und trinken ihr Blut“, bemerkte der israelische Schriftsteller Hen Mazzig vernichtend: „Jüdisch zu sein bedeutet weißen Nationalisten zuzusehen, die deinen Tod fordern, weil du ‚nicht weiß‘ bist, während Damen im landesweiten Fernsehen sagen, der Holocaust war ‚weiße Leute töten weiße Leute… ihr bekämpft euch gegenseitig‘.“
Weniger als 48 Stunden nach Goldbergs Kommentar und inmitten dieser Welle an Kritik verteilte sie folgende Entschuldigung:
In der heutigen Sendung sagte ich, beim Holocaust „geht es nicht um Rasse, sondern um die Unmenschlichkeit von Menschen gegenüber Menschen.“ Ich hätte sagen sollen, es ging um beides. Wie Jonathan Greenblatt von der Anti-Defamation League mitteilte: „Beim Holocaust ging es um die systematische Vernichtung des jüdischen Volks durch die Nazis – von denen sie als minderwertig angesehen wurden.“ Ich muss mich hier berichtigen. Das jüdische Volk weltweit hat immer meine Unterstützung gehabt und das wird niemals nachlassen. Mir tut leid, dass ich verletzt habe. Das schreibe ich mit der aufrichtigen Bitte um Entschuldigung. Whoopie Goldberg.
Natürlich war zum Ausdruck gebrachtes aufrichtiges Bedauern das Richtige und, das kann man nur hoffen, Goldberg hat eine wertvolle Lektion gelernt.
Das bleibt allerdings alles andere als sicher, bedenkt man ihre recht wechselvolle Geschichte erniedrigender Kommentare über Juden.
2010 beeilte sich Goldberg den in Hollywood wohnenden Antisemiten Mel Gibson zu verteidigen, nachdem Tonaufnahmen mit dessen mit Kraftausdrücken gespickten Tirade online veröffentlicht wurden. Goldberg sagte in Reaktion: „Ich habe eine lange Freundschaft mit Mel gehabt. Man kann sagen, dass er ein Holzkopf ist, aber ich kann nicht sitzen bleiben und sagen, dass er ein Rassist ist, nachdem ich in meinem Haus mit meinen Kindern Zeit mit ihm verbracht habe.“
Direkt gefragt, ob Gibson – der 2006 bekanntermaßen, als er wegen Trunkenheit am Steuer verhaftet wurde, tobte, dass „Juden für alle Kriege in der Welt verantwortlich sind“ – ein Antisemit ist, hatte Goldberg diese zu sagen: „Betrunkene sagen Leuten ständig dummes Zeug… weil sie betrunken sind, sie sind außer Kontrolle, sie denken nicht, sie sind idiotisch.“
Zufällig konnte sie sich nicht dazu bringen in einem Interview mit dem New York Times Magazine 2019 Antisemitismus unmissverständlich zu verurteilen.
Bei dieser Gelegenheit wurde sie gebeten ihre Ansichten zu einem Kommentar zu geben, der von ihrer Freundin, der Schriftstellerin Alice Walker, kam und die den Roman verfasste, auf dem der Film „Die Farbe Lila“ basiert, in dem Goldberg 1985 spielte; dabei pries Walker den antisemitischen Text des Holocaust-Leugners David Icke von 1995 „And the Truth Shall Set You Free“ (Und die Wahrheit wird dich befreien).
Für Goldberg war das Anprangern von Walkers Lob für Ickes Arbeit, als sei sie aufgefordert worden „sich für eine Seite zu entscheiden“.
Ich weiß, dass es viele komplizierte Fragen gibt, die Menschen zu Rasse und ihrem eigenen Platz darin haben. Und für mich funktioniert dszu verstehen nur auf einer Grundlage von Mensch-zu-Mensch. Dieses Gespräch hatte ich mit Alice nie, aber ich hatte das Gespräch mit vielen anderen Menschen, dieses „Ich muss hören, warum du so empfindest.“ Menschen wollen, dass du dich für eine Seite entscheidest. Also versuche ich neutral zu sein. Die Leute wollen, dass du genauso empfindest wie sie. Aber es geht nicht wirklich um mich; es geht um dich.
Die Oscar-Gewinnerin hat auch beiläufig negative Stereotype über Juden aufrecht erhalten, so als sie 1993 ein Rezept für „jüdisch-amerikanisches Prinzessinnen Brathähnchen“ für ein wohltätiges Kochbuch teilte.
Als der damalige nationale Direktor der Anti-Defamation League Abraham H. Foxman sie wegen dieses unbeholfenen komödiantischen Versuchs zurechtwies, soll sie ihn angerufen und beschimpft haben.
2012 bekam Goldberg erneut Ärger, als sie in den israelisch-palästinensischen Konflikt stakste, indem sie auf Twitter eine dreiste Lüge retweetete, dass „Männer, Frauen und Kinder im Gazastreifen in Palästina [sic] seit einer Woche massakriert werden“.
Nachdem Nutzer der sozialen Medien darauf hinwiesen, dass die Hamas als terroristische Beherrscher des Gazastreifens die Kämpfe durch willkürliches Verschießen von mehr als 100 Raketen auf Israel innerhalb von 24 Stunden anzettelten, gab Goldberg zu, dass sie bezüglich der Frage, der die militärische Auseinandersetzung angeht, faktisch völlig Ignorant war.
Offenbar hat Faktenprüfung vor der Verbreitung schadender Desinformation an ihre 1,6 Millionen Follower für Goldberg keine Priorität.
Es stimmt schon, dass Goldbergs jüngster antisemitischer Ausrutscher in den Medien eine Kontroverse ausgelöst hat (sie hier, hier und hier) – judenfeindliche Ignoranz und Bigotterie müssen immer kräftig angegangen werden.
Aber wenn die Aufregung abgeebbt ist – und wenn Goldbergs Geschichte ein Hinweis ist, dann wird sie das – dann wird sie ihre voreingenommenen Kommentare wahrscheinlich unbeschadet hinter sich lassen und ihren lukrativen Job bei The View fortsetzen.
Was die Frage aufwirft: Warum ist ein antisemitischer Kommentar nicht einer zu viel?
Studie über Antisemitismus bei „Comment Is Free“
30. Juli 2008honestreporting Media Backspin, 29. Juli 2008
Der Vorabdruck eines detaillierten Berichtes über antisemitische Kommentare im Guardian-Forum Comment is Free (CiF) wurde jetzt auf Zionism On the Web (pdf-Format) eingestellt.
Jonathan Hoffman, Autor der 57 Seiten umfassenden Studie, hat seine Ergebnisse einem britischen Parlamentsausschuss und dem Büro des amerikanischen Außenministeriums übermittelt, das antisemitische Vorkommnisse beobachtet.
Einige Highlights aus Hoffmans Studie:
• Die Mehrzahl der von CiF autorisierten Schreiber bezeichneten den jüdischen Charakter Israels als unerwünscht oder unbedeutend.
• Die schiere Masse antizionistischer Kommentare fördert antisemitische Beiträge.
• Leidtragenden von Antisemitismus bei CiF wird die Beweislast aufgebürdet, wenn sie Zuschriften und Kommentare beobachten.
• Das Ausmaß an Antisemitismus bei CiF handelt den Standards des Guardian zuwider.
Lesen Sie hier den vollständigen Bericht (pdf Format)
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Kategorien: Israel, Sonstiges, Weltmedien und Nahost
Tags: Antisemitismus, CiF, Comment is free, Guardian, Jonathan Hoffman, Zionism On the Web
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