Aktivisten erringen Sieg über Voreingenommenheit von Radio New Zealand

HonestReporting, 31. August 2015

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Der folgende Artikel wurde von proisraelischen Aktivisten in Neuseeland, dem Anwalt und Autor Richard Parker, dem Dozenten an der University of Auckland Dr David Cumin und der Anwältin Juliet Moses beigesteuert.

radio_new_zealandEnde August 2014 brachte Radio New Zealand (RNZ), Neuseelands staatliches Radionetzwerk, zwei kontroverse Beiträge über Israel, in denen ein Interviewpartner u. a. sagte, Israels Handlungen in Gaza seien „genozidal“ und „Zionismus und Apartheid“ seien die „geistigen Zwillinge des Nazitums“.

Die New Zealand Broadcasting Standards Authority (BSA) hat nun geurteilt, dass die Sendungen den Programmstandard gebrochen haben, der erfordert, dass kontroverse Themen von öffentlichem Interesse ausgeglichen sein sollen — ein ernstes und seltenes Ergebnis.

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Was führte zu den Beschwerden?

Wayne Brittenden

Wayne Brittenden

Im ersten Beitrag bezog sich Wayne Brittenden auf einen Meinungsbeitrag von Erzbischof Desmond Tutu in der Haaretz sowie auf „einen erstaunlicherweise wenig bekannten und noch weniger diskutierten Text über Israels Waffenindustrie“ in derselben Zeitung.

Der Tutu-Meinungsbeitrag forderte von Israel, die Palästinenser „zu befreien“, und verglich Israels Behandlung der Palästinenser mit der Apartheid.

Der Radiobeitrag diskutierte im Weiteren Israels Verbindung mit dem Südafrika der Apartheid-Zeit, was angeblich auch den Verkauf israelischer Waffen an Südafrika während des globalen Boykotts umfasste, und deutete an, Israel nutze den Krieg mit der Hamas aus und ermutige ihn sogar, weil es Israels Waffenindustrie zugutekäme, und eine solche Industrie sei unethisch und unrechtmäßig.

Der zweite Beitrag umfasste ein Liveinterview eines der Gründungsmitglieder der australischen Niederlassung des African National Congress, Kolin Thumbadoo. Interviewer war Wallace Chapman.

Kolin Thumbadoo

Kolin Thumbadoo

In jenem Interview behauptete Thumbadoo:

  • Zionismus und Apartheid sind die geistigen Zwillinge des Nazitums;
  • Zionisten arbeiteten mit den Faschisten und Nazis zusammen;
  • Israel hat einen genozidalen Angriff auf die Palästinenser in Gaza durchgeführt;
  • In Teilen der südafrikanischen jüdischen Gemeinschaft gibt es Kollaborateure, die „wir als Zionisten kennen, die sich aber oft hinter jüdisch klingenden Organisationsnamen verstecken“ und die „eine ernste interne Bedrohung der südafrikanischen Interessen … und der außenpolitischen Interessen Südafrikas“ darstellen.

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Die Beschwerden

In Neuseeland müssen alle Fernseh- und Radiosender verschiedene Standards des Broadcasting Standards Authority Code of Broadcasting Practice (im weiteren Textverlauf „Regelwerk“ genannt) erfüllen.

Das Regelwerk besagt, dass die Beschwerdeführer den Sachverhalt erst dem Sender bekanntgeben müssen; sind sie mit der Antwort nicht zufrieden, können sie die Sache der BSA vorlegen, die dann entscheidet, ob die Standards übertreten wurden.

Das New Zealand Jewish Council (NZJC), Angehörige der jüdischen Gemeinschaft Neuseelands sowie nichtjüdische Bürger beschwerten sich über beide Beiträge; beide hätten das Regelwerk gebrochen. Darüber hinaus schrieb die International Association of Jewish Lawyers and Jurists, eine von der UN akkreditierte nichtstaatliche Organisation, einen Brief an den Geschäftsführer von RNZ mit der Frage, wie die Sendung mit professionellen Standards zu vereinbaren sei.

Die Beschwerdeführer behaupteten, dass der folgende Standard (der „Ausgeglichenheits-Standard“) übertreten worden sei:

Standard 4 – kontroverse Themen – Perspektiven

Werden in Nachrichten oder aktuellen Programmen kontroverse Themen von öffentlichem Interesse besprochen, sollten die Sender sinnvolle Bemühungen machen bzw. sinnvolle Gelegenheiten einräumen, signifikante Perspektiven im selben Programm oder in anderen Programmen innerhalb der Zeitspanne des aktuellen Interesses zu präsentieren.

Sie behaupteten auch, dass es Standardübertretungen aufgrund von Akkuratesse, Fairness, Diskriminierung und Verunglimpfung eines Teils der Gesellschaft aufgrund von Rasse oder als Konsequenz des legitimen Ausdrucks von Religion, Kultur oder politischen Ansichten gab.

In diesem Fall leugnete RNZ, man habe irgendwelche Sendestandards gebrochen, obgleich man durchaus anerkannte, dass man „einige Themen besser gehandhabt hätte können“. Auf dieser Grundlage reichten NZJC und andere Beschwerdeführer im Oktober 2014 bei der BSA ihre formelle Beschwerde ein.

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Die Entscheidung

newzealandbsaAm 24. Juni 2015 veröffentlichte die BSA eine vorläufige Entscheidung, damit diese von den jeweiligen Parteien kommentiert werden konnte und damit Empfehlungen für Abhilfen eingereicht werden konnten. Die vorläufige Entscheidung besagte, der Ausgeglichenheits-Standard sei von RNZ übertreten worden, wies jedoch die restlichen Beschwerden zurück. Am 14. August 2015 wurde eine finale Entscheidung veröffentlicht, die die Übertretung des Ausgeglichenheits-Standards noch immer bestätigte.

Die BSA sagte, der Ausgeglichenheits-Standard sei der relevanteste, und man habe seine Entscheidung dahingehend orientiert. Im Text stand folgende Bemerkung:

Der Wortlaut von Standard 4 erlaubt dem Sender, sinnvolle Anstrengungen zu unternehmen, um entweder im Programm selbst oder innerhalb der Zeitspanne des aktuellen Interesses Ausgeglichenheit herzustellen. Nach sorgfältiger Betrachtung sind wir zu dem Schluss gelangt, dass einige Kommentare der Interviewpartner so extrem waren und sich so stark auf einen bestimmten Aspekt des Themas fokussierten, dass sie nicht mehr durch andere Sendungen über den Gaza-Konflikt allgemein ausgeglichen werden konnten. Ebenso sind wir der Ansicht, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass alternative Perspektiven in anderen Medien gefunden werden könnten, welche ein spezifisches Gegengewicht zu den in Absatz [23] oben angeführten Aussagen darstellen könnten (zum Beispiel dass Israels Handlungen in Gaza „genozidal“ waren und dem Nazitum gleichkommen)…

Wallace Chapman

Wallace Chapman

Wir wissen, dass es sich um ein Liveinterview handelt und dass der Moderator möglicherweise von der Richtung überrascht wurde, in der sich das Interview entwickelte. Dennoch hätte sich [Wallace Chapman] auf zumindest einige der von [Thumbadoo] abgegebenen Kommentare vorbereiten können, anbetrachts der Tatsache, dass selbst eine einfache Internetsuche ihn als Aktivisten identifiziert, der regelmäßig an propalästinensischen Protesten teilnimmt…

RNZ beschreibt diesen speziellen Moderator als „furchtlos“ und als jemand, der die schwierigen Fragen stellt. Leider sind wir nicht der Ansicht, dass er dieses Verhalten auch hier an den Tag legte. In einem 12minütigen Interview stellte er nur fünf Fragen, und keine von ihnen war besonders provokant… Zu keinem Zeitpunkt hinterfragte er die Aussagen seines Interviewpartners; im Grunde räumte er seinem Interviewpartner jede Freiheit ein, seine Ansichten auszubreiten…

Wir sind nicht der Ansicht, dass diese Sendung es den Zuhörern erlaubte, zu einer begründeten und mit Fakten ausgestatteten Meinung über die Entwicklungen im Gaza-Konflikt von Juli und August 2014 zu gelangen. Wir gehen davon aus, dass eine Aufrechterhaltung der Standard-4-Beschwerde die Redefreiheit des Senders nicht in unvernünftiger Weise begrenzt, da die Vorbedingung der Darstellung einer alternativen Sichtweise über ein Thema von öffentlichem Interesse befördert den freien Informationsfluss und die Prinzipien der Redefreiheit und behindert diese nicht. Demzufolge erhalten wir die Beschwerden unter Standard 4 aufrecht.

Die BSA entschied, die Veröffentlichung ihrer Entscheidung sei eine ausreichende Gegenmaßnahme gegen RNZ.

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Konklusion und Implikationen der Entscheidung

Jedes Jahr gehen Tausende von Beschwerden über Neuseelands Radio- und Fernsehsender ein. Seit 1991 gab es nur 14 erfolgreich beschiedene Beschwerden über einen Bruch des Ausgeglichenheits-Standards durch ein Radionetzwerk. Von diesen gingen 10 (71%) gegen RNZ.

Zwischen Sendung und finaler Entscheidung verging fast ein Jahr. Im Mai, acht Monate nach der Sendung und den Beschwerden, hieß es, „aufgrund der Themenkomplexität und der Anzahl der Beschwerden“ würde die BSA das Thema bei ihrem nächsten Treffen angehen. Es ist unklar, warum die Zahl der Beschwerden eine Entscheidung beeinflussen sollte, aber die verstrichene Zeit legt nahe, dass die BSA Beschwerden nicht auf die leichte Schulter nimmt.

Die Besorgnis über die voreingenommene und ignorante Berichterstattung der Medien über Israel und demzufolge auch über den letztjährigen Gazakonflikt hat bei der NZJC und anderen Angehörigen der jüdischen Gemeinschaft sowie bei Israelunterstützern in Neuseeland immer weiter zugenommen. Wie wir weltweit beobachten können, hat diese Art von Berichterstattung negative Konsequenzen für die Sicherheit und das Wohlergehen der jüdischen Gemeinschaft.

Die Beschwerdeführer konnten die beiden höchst aufwieglerischen Sendungen nicht einfach so stehenlassen, und das Ergebnis war eine seltene Bestätigung des Eindrucks, RNZ sei in dieser Hinsicht ganz besonders voreingenommen. Die Entscheidung ermutigt jene, die gegen den ideologischen Kampf gegen Israel aufstehen wollen.

Bild: CC BY-SA WikimediaCommons/NordNordWest mit Retro-News-Icons von Freepik und Modifikationen von HonestReporting

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One Comment - “Aktivisten erringen Sieg über Voreingenommenheit von Radio New Zealand”

  1. anti3anti Says:

    In Deutschland gibt es einen Presserat, der auf dem antisemitischen Ohr taub ist.


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